Orientierungshilfe «Integration von Fremdsprachen in die berufliche Bildung»

Mehrsprachigkeit ist eine bedeutende persönliche und berufliche Ressource, sowohl in der Gesellschaft als auch im Arbeitsumfeld. In der Berufsbildung erlauben Fremdsprachen den Anforderungen der beruflichen Praxis gerecht zu werden. Das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) hat in Zusammenarbeit mit der EHB eine Orientierungshilfe «Integration von Fremdsprachen in die berufliche Grundbildung» entwickelt. Die Orientierungshilfe erläutert, wie eine zweite Landessprache und/oder Englisch in die Handlungskompetenzen eines Berufs integriert werden können. Sie zeigt auf, welche organisatorischen, finanziellen und didaktischen Ressourcen dafür erforderlich sind.

Junger Mann spricht und ist umgeben von Buschstaben
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Bedarf an Fremdsprachenkompetenzen auf dem Arbeitsmarkt

Die periodische Überprüfung und Anpassung aller beruflichen Grundbildungen auf wirtschaftliche, technologische, ökologische und didaktische Entwicklungen hin gewährleistet, dass die Absolventinnen und Absolventen berufliche Qualifikationen erwerben, die auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich nachgefragt werden. Im Rahmen dieses Berufsentwicklungsprozesses kann sich bei der Trägerschaft die Frage der Integration einer Fremdsprache stellen, um auf eine neue Anforderung des Arbeitsmarktes zu reagieren. Die Orientierungshilfe richtet sich an alle Verbundpartner, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen und unterstützt sie, kritisch zu prüfen, ob das Bedürfnis nach Fremdsprachenkompetenzen grossmehrheitlich vorliegt. Wenn das der Fall ist, gehören Fremdsprachen zu den beruflichen Handlungskompetenzen und sind in den Bildungserlassen zu verankern. Fällt die Entscheidung zugunsten der Integration einer Fremdsprache aus, müssen die Trägerschaften zusammen mit den Verbundpartnern u.a. die untenstehenden Fragen klären: 

  • Welche Fremdsprache soll integriert werden: Eine zweite Landessprache, Englisch oder beide?
  • Wird die Fremdsprache in der Mehrheit der Lehrbetriebe gebraucht?
  • Wie können Betriebe unterstützt werden, die den Aufbau der Fremdsprachenkompetenzen nicht gewährleisten können?
  • Was ist das Anforderungsniveau der Sprache?
  • Wo fallen aufgrund der Fremdsprachenintegration Mehrkosten an? 
  • Welche Weiterbildungen brauchen die Berufsbildungsverantwortlichen an allen Lernorten?

Ziele und Ressourcen

Auf Basis der Orientierungshilfe können Trägerschaften und Kantone beurteilen, welche organisatorischen, finanziellen sowie didaktischen Ressourcen an den verschiedenen Lernorten für den Aufbau der Fremdsprachenkompetenzen nötig sind und Antworten auf oben genannte Fragen finden. 
Die Integration von Fremdsprachen in die berufliche Grundbildung bietet sich grundsätzlich bei Berufen an, bei denen u.a. Kunden- oder Patientenkontakt, Arbeiten und Recherchieren im mehrsprachigem Arbeitsumfeld oder technisch bedingte Mehrsprachigkeit und Textkompetenz eine Rolle spielen. Folgende Grobziele sind für die Integration einer Fremdsprache dabei richtungsweisend: 

  1. Berufsspezifische Sprachvertiefung (Sprachniveau bleibt erhalten bzw. vertieft sich berufsspezifisch auf A2/ A2+) 

  2. Berufsspezifische Spracherweiterung (Sprachniveau steigt auf B1/B1+) 

Die Integration der Fremdsprache in die berufliche Grundbildung ist didaktisch der funktionalen Mehrsprachigkeit verpflichtet. Der Fokus richtet sich dabei auf den Einsatz der Sprache für die Bewältigung verschiedener Arbeitssituationen. Diese gestalten sich je nach Beruf unterschiedlich und werden in den Bildungsplänen anhand von Leistungszielen konkretisiert. Für beide Grobziele gilt also, dass nur die nach Anforderung benötigten Teilkompetenzen (Verstehen, monologisches oder dialogisches Sprechen, Schreiben) aufgebaut werden. Bei einigen Grundbildungen ist das die Kommunikation mit Kundinnen und Kunden (bspw. Beratungen zu Produkten und Dienstleistungen); Bei anderen stehen eher die schriftliche Ausdrucksweise sowie das Textverständnis, bspw. die korrekte Umsetzung einer Gebrauchsanweisung, im Zentrum.

Lernortkooperation

Die Fremdsprachenkompetenzen werden sowohl in der schulischen Bildung als auch in der beruflichen Praxis, sprich im Lehrbetrieb und ggf. den überbetrieblichen Kursen (üK), aufgebaut. Dem Lernort Berufsfachschule kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Hier werden die Grundlagen gelegt, damit die Lernenden in der beruflichen Praxis fremdsprachlich handlungsfähig werden. Während die Fremdsprachenkompetenzen im Betrieb in reellen Arbeitssituationen angewandt werden, bietet sich im üK allenfalls die Gelegenheit für eine Vertiefung oder Festigung in idealisierten Praxissituationen.